Rede von Ulrich Wolf zur Friedensresolution von der Regionsversammlung am 17. September 2024

Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren,

mit der vorliegenden Resolution möchten wir als BSW alle Friedenskräfte in der Region Hannover und in Deutschland unterstützen, die sich für ein Ende der Kriege in Gaza und in der Ukraine auf dem Wege von Verhandlungen einsetzen. Es gilt die Logik der ständigen militärischen Eskalation zu durchbrechen, die zu immer mehr toten Zivilisten und Soldaten und zu ständig wachsender Zerstörung führt.

In diesem Sinne unterstützen wir aus voller Überzeugung die große Friedensdemonstration, die am 3.10. in Berlin stattfinden wird. Zu dieser haben neben zahlreichen Organisationen, Gewerkschaftern und Wissenschaftlerinnen auch prominente Sozialdemokraten wie Peter Brandt und Günter Verheugen aufgerufen. Als Redner wird dort u.a. der SPD-MdB Ralf Stegner auftreten.

Es ist übrigens das gute Recht einer Kommunalvertretung, sich mit übergeordneten politischen Themen zu befassen. Dies hat die Regionsversammlung selbst in den letzten Jahren mehrfach getan.

Kein Zweifel: der Krieg in der Ukraine ist ein russischer Angriffskrieg. Er hat jedoch eine Vorgeschichte, die gerne außer Acht gelassen wird, weil an ihr der Westen und die NATO beteiligt ist.

Militärisch und politisch entscheidend sind heute zwei Tatsachen – und nicht nur der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr und Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, Harals Kujat, weist seit längerem darauf hin – nämlich erstens, dass dieser Krieg sich an allen Fronten festgefahren hat und nach Lage der Dinge weder von der ukrainischen noch der russischen Armee zu gewinnen ist und zweitens, dass dieser Krieg ein Eskalationspotenzial hat, das v.a. auch für Europa ein hohes Risiko ist.

Es muss uns doch nachdenklich machen, wenn der ukrainische Präsident Selenski vor kurzem in einer öffentlichen Diskussion in Italien äußerte, es sei schade, dass die ukrainischen Streitkräfte nicht den Kreml attackieren könnten (wahrscheinlich dachte er dabei auch an die Taurus-Raketen) So wird aber verständlich, dass laut Bericht der Financial Times sich Joseph Biden unlängst besorgt geäußert haben soll, dass Kiew die USA in den 3. Weltkrieg hineinziehen wolle.

In einer demokratischen Gesellschaft sollte eine offene und rationale Diskussion über die Risiken dieses Krieges eine Selbstverständlichkeit sein. Dies ist aber nicht der Fall. Alle, die nachdenken und sagen, man müsse aus der militärischen Eskalationslogik aussteigen und endlich zu Verhandlungen kommen, werden als Angsthasen, schlimmstenfalls als Putin-Agenten denunziert. Bezeichnend für dieses vergiftete Klima ist die Reaktion des CDU-Scharfmachers Kiesewetter auf die Aussage von Bundeskanzler Scholz, man müsse „darüber diskutieren.. wie wir aus dieser Kriegssituation doch zügiger zu einem Frieden kommen, als das gegenwärtig den Eindruck macht.“

Dabei ist für die Bevölkerungsmehrheit in unserem Land völlig klar, dass wir keine neuen US-amerikanischen Mittelstreckenraketen in Deutschland brauchen, sondern Friedensinitiativen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine.

Es gibt aber noch andere Argumente für den Wechsel von der kriegerischen Eskalationslogik zur Verhandlungslogik. In unserem Antrag weisen wir auf den Fakt hin, dass Deutschland ökonomisch der große Verlierer dieses Krieges ist. Das liegt daran, dass wir, v.a. infolge des Wirtschaftskriegs gegen Russland, im internationalen Vergleich die höchsten Energiepreise haben, die unsere Industrie strangulieren. Zu befürchten ist, dass durch die ständig wachsenden Kriegs- und Rüstungsausgaben auch noch der Sozialstaat unter die Räder kommt.

Wir müssen aber auch einen realistischen Blick auf die internationale Politik richten. Die wichtigsten Staaten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas beharren auf ihrem Standpunkt, dass der Krieg in der Ukraine nicht durch weitere Waffenlieferungen, sondern nur auf dem Wege von Verhandlungen beendet, zumindest eingefroren werden kann. Dies gilt übrigens auch für den Gaza-Krieg.

Damit komme ich zum Thema Verhandlungen zurück. Der ehemalige israelische Ministerpräsident Naftali Bennet, der als Vermittler an den Friedensverhandlungen in Istanbul im März 2022 beteiligt war, hat neben anderen glaubwürdigen Quellen bezeugt, dass damals ein Waffenstillstand in greifbarer Nähe war.

Victoria Nuland, die lange Zeit im US-Statedepartment für Europa zuständige Staatssekretärin, hat nach ihrem kürzlichen Rücktritt in einem Interwiew ganz offen gesagt, wie die Position der USA dazu war – nämlich strikt ablehnend.

Die russische Regierung, so Putin vor knapp zwei Wochen, ist bereit, auf der Basis des in Istanbul ausgehandelten Kompromisses die Friedensverhandlungen wieder aufzunehmen. Dies sollte von der deutschen und europäischen Politik aufgegriffen werden. Denn historische Erfahrungen und die politische Vernunft sagen uns: ohne oder gar gegen Russland wird es langfristig keinen Frieden und Sicherheit für Europa geben.

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