
Frau Vorsitzende, Herr Regionspräsident, meine Damen und Herren,
am 7. Oktober 2023 überwanden bewaffnete Einheiten der Hamas und mit ihnen verbündeter Kräfte die Grenzbefestigungen zum Gazastreifen und griffen grenznahe Kibbuzims sowie ein Musikfestival an. Dabei töteten sie mehr als 1100 Menschen, davon fast 700 Zivilisten, und verschleppten 250 Geiseln. Seitdem führt die israelische Armee einen Krieg gegen die Hamas, der zunächst unzweifelhaft ein legitimer Akt der Selbstverteidigung des Staates Israel war.
Indem sich dieser Krieg und die Art der Kriegsführung aber von Beginn an mit äußerster Härte gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen richtete, hat er schon lange die Grenzen des internationalen Rechts, v.a. des Kriegsvölkerrechts, überschritten.
Die Zahl der getöteten Zivilisten in Gaza hat mittlerweile ungeheuerliche Ausmaße angenommen. Einer Untersuchung des unabhängigen Wissenschaftsjournals Lanzet zufolge lag sie schon im Oktober 2024 bei über 70.000 und damit um 40 % höher als von den palästinenschen Gesundheitsbehörden angegeben. Hinzu kommen Hunderttausende von Verletzten und Vertriebenen.
Die gezielte Verhinderung von Nahrungsmittellieferungen und die Zerstörung der Infrastruktur hat mittlerweile zu einer von der UNO festgestellten akuten Hungersnot geführt und gefährdet v.a. das Leben unzähliger Kinder.
Die Bombardierung von Krankenhäusern und Lebensmittelverteilstellen stellt einen eklatanten Bruch des Kriegsvölkerrechts dar, ebenso wie die gezielte Tötung von Journalisten.
Gleichzeitg häufen sich die Berichte von gewaltsamen Vertreibungen und Angriffen auf die palästinensische Bevölkerung im Autonomiegebiet durch religiös-fundamentalistische und rechtsextreme jüdisch-israelische Siedler unter dem Schutz der Armee.
Seit 2024 ist vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ein Verfahren wegen Völkermord gegen die israelische Armeeführung und die Regierung Netanjahu anhängig. Auch etliche Völkerrechtler, die in der 1. Phase des Krieges den Genozidvorwurf noch zurückwiesen, sprechen mittlerweile von starken Anzeichen für eine gezielte Vertreibung und Vernichtung der palästinensischen Bevölkerung.
Begleitet wurden und werden die Kriegsverbrechen im Gazastreifen zudem von wiederholten völkerrechtswidrigen Angriffen der israelischen Luftwaffe auf andere Staaten der Region – zumindest im Fall des Iran mit Unterstützung der Trump-Regierung. Der Satz von Bundeskanzler Merz, Israel mache damit für uns die „Drecksarbeit“, ist uns noch in unguter Erinnerung.
Angesichts der Kriegsverbrechen und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Gaza dürfen wir nicht schweigen. Und auch auf regionaler Ebene haben wir die Pflicht, unsere Stimme für Humanität, Frieden und internationales Recht zu erheben. Deshalb unser Antrag.
Als Reaktion auf die jüngste Verschärfung der Angriffe durch die israelische Armee hat nun auch die EU- Kommision Strafmaßnahmen gegen die israelische Regierung gefordert.
Dringend notwendig ist es, dass die Bundesregierung jetzt endlich ihren politischen Kurs ändert. Wir fordern von ihr:
– Stellen Sie unverzüglich alle Waffenlieferungen und jede Form militärischer Unterstützung für die israelische Regierung ein, solange diese gegen das Völkerrecht verstößt.
– Folgen Sie dem Beispiel von mittlerweile 155 Staaten und erkennen Sie den Staat Palästina offiziell an.
– Setzen Sie sich für die sofortige Aufhebung der völkerrechtswidrigen Seeblockade des Gazastreifens durch Israel ein.
– Unterstützen Sie die unabhängige Aufklärung aller Kriegsverbrechen – ob durch die Hamas, das israelische Militär oder andere Akteure.
-Treten Sie entschlossen für einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand sowie den ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe ein.
In diesem Sinne appellieren wir auch an unsere israelische Partnerregion Unter-Galiläa:
-Setzen Sie sich für ein Ende der Gewalt und einen dauerhaften Waffenstillstand ein.
-Fordern Sie Ihre Regierung auf, die humanitäre Katastrophe nicht weiter zu verschärfen, sondern durch die Öffnung der Grenzen für Hilfslieferungen zu lindern.
-Stellen Sie sich auf die Seite des internationalen Rechts und der Menschenrechte – gegen Krieg, Besatzung und Vertreibung.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Wie berichtet, wurde der Antrag mit dem Stimmen aller anderen Fraktionen und Gruppen von der Tagesordnung genommen. Ulrich Wolf sprach am Rande der Versammlung von möglicher Zensur. Immerhin gab es im Jahr 2023 eine politische Solidaritätserklärung für die israelische Provinz Unter-Galiläa.
Knapp zwei Jahre später, nun bei einem Appell das Morden in Gaza zu beenden, von einer Nichtzuständigkeit der Versammlung auszugehen, ist fadenscheinig kommentiert Wolf das Vorgehen der anderen Fraktionen in der Regionsversammlung.